„Unbewusstes, Vorbewusstes, Bewusstes, körperliche, seelische und geistige Ebene, alle diese ineinandergreifenden, in Wechselwirkung miteinander verbundenen Systeme werden gleichsam „angeschubst“ (aufgeweckt), wodurch sie sich neu regulieren.“ (Schmeer, 42)
Durch das sich Einlassen in kreatives Tun werden unseren innersten Systeme in Bewegung gebracht. Dadurch beginnen Entwicklung- und Erkenntnisprozesse, die eine Neuregulierung möglich machen. Jede/r die/der künstlerisch tätig ist, kennt die Momente des Innehaltens. In diesen Momenten, wenn der Verstand außer Kraft gesetzt ist, entsteht Neues. Was es in diesem Augenblick braucht ist Vertrauen. Dieses „Nichts“ im Kopf und in der Brust, kann durchaus unangenehme Gefühle hervorrufen, weil die Kontrolle verloren gegangen ist. Gerade dann ist es wichtig, sich in die Stille und dieses Nichts fallenzulassen. Sie wahrzunehmen, zu atmen und sich ganz tief in sich selbst einzulassen.
Genau in diesem Zeitpunkt öffnet sich eine Tür in unser Innerstes, dorthin wo alle Antworten und Lösungen sind. Künstlerisches Handeln ist ein Schlüssel zur Gesundung. Kunsttherapie hilft dabei, diese Momente zu verstehen, ihnen zu Vertrauen und sie letztendlich immer wieder selbst zu suchen. Kunst führt uns auf direktem Wege in uns selbst, und wieder aus uns heraus. Sie gibt uns Einblicke in unseren Kern und antwortet auf unsere Fragen. Sie konfrontiert uns mit unseren Ängsten und löst sie zeitgleich auf. Und sie ist geduldig. Sie umarmt uns und hält uns. Eine regulierende Transformation, die in ein neues Sein führen kann.
Deshalb müssen Kunsttherapeut*innen vertraut mit Kunst und künstlerischen Prozessen sein, weil in ihnen eine eigene Kraft liegt und die Möglichkeit der tiefgreifenden Verwandlung besteht. Deshalb ist Kunsttherapie auch so wirksam, weil sie die Wirkkraft der Kunst für sich nutzbar macht.
© Barbara Güpner-Planner, M.A.
Schmeer, G. (2006). Krisen auf dem Lebensweg, Psychoanalytische-systemische Kunsttherapie. J.G. Cotta`sche Buchhandlung Nachfolger GmbH, Stuttgart.