# 17 Beziehungskunst oder mütterliche Schuldgefühle

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Jede Frau, die auch Mutter ist, kennt sie vermutlich. Diese nagenden und zerfransten Schuldgefühle, die wir entwickeln, wenn wir das Gefühl haben als Mutter zu versagen oder einem Bild nicht gerecht werden. Es beginnt schon vor der eigentlichen Schwangerschaft. Ernähren wir uns richtig?  Nehmen wir die essenziellen Zusatzstoffen wie Folsäure und Vitamine etc. zu uns? Ist schließlich für die gute Entwicklung entscheidend! Dann weiter, während der Schwangerschaft, genügend Schlaf, kein Alkohol, wieder die Ernährung. Zudem die Frage, ob es uns gelingt dem Embryo eine ruhige Reifezeit zu ermöglichen, ohne Stress in der Arbeit, ohne Streit mit dem Partner, mit viel entspannender Musik und natürlich ausreichender Bewegung.

Endlich kommt dann dieses wunderbare Wesen, dass unser gesamtes Leben auf den Kopf stellt, auf die Welt. Ob mit oder ohne Hilfsmittel wie PDA ist dann eine Frage der Einstellung oder der eigenen Schmerzgrenze. 

Jetzt geht es richtig los. Stillen, wie lange, wie oft? Windel - welcher Art, ökologisch wertvoll oder einfach nur praktisch? Schlafen, wo? Im eigenen Bett, im eigenen Zimmer oder im Bett der Eltern? Ab wann zufüttern, und was? Gleich den Kindergarten anmelden? Welche Art der Bildung? Welche Schule, welche Hobbies, welche Freunde? Andauernd sind Entscheidungen zu treffen. Dazu gesellt sich noch die nicht unerhebliche Frage: wann sollen wir streng und wann nachsichtig sein?

Die Gesellschaft, die unterschiedlichen Kulturen, nicht zu vergessen diverse Familienmitglieder geben zusätzlich noch Erklärungen dazu ab, was in ihren Augen gerade richtig und was falsch ist. Das kann hilfreich sein, aber manchmal auch recht verwirrend, anstrengend und überfordernd. 

Als Mutter habe ich entdeckt, dass ich oft in der Reflexion bin über das, was meine Tochter braucht und dem, was ich meine vernünftig ist. Gepaart mit einem eigenen Perfektionsanspruch kann das zu sehr großen inneren Konflikten führen. Die Angst etwas falsch zu machen, lässt einige Mütter überstreng, überfürsorglich oder handlungsunfähig werden. 

In meiner Praxis erlebe ich es so, dass die Frauen, die auch Mütter sind, sich oft in Frage stellen und den Kindern gegenüber ein schlechtes Gewissen haben. Sie finden, sie tun zu wenig für sie, oder das Falsche. Sie sind zu ungeduldig, zu ungehalten, zu fordernd, zu lieb, zu schnell usw. Übrig bleibt ein Zwiespalt, der ewige Zweifel den Kindern nicht das mitgeben zu können, was sie eigentlich brauchen würden und es als Mutter einfach zu verbocken.

Anzuerkennen, dass wir als Mütter nicht perfekt sein müssen und auch nicht sollen, ist ein wichtige Einsicht und ein Schritt in Richtung Entspannung. Unsere Kinder sollen uns mit unseren Unzulänglichkeiten kennenlernen, weil sie im besten Fall nämlich lernen, dass wir uns unsere „Fehler“ zu Herzen nehmen und etwas verändern können. Und sie lernen, dass Perfektion nicht das Maß aller Dinge ist und ein Anspruch, der nicht zu erfüllen ist. Seien wir doch auch im Scheitern ein Vorbild. Im Scheitern und daraus lernen.

Um mit Schuldgefühlen gut umgehen zu können brauchen wir den Austausch mit anderen Müttern. Sich und die eigenen Handlungen zu reflektieren hilft immens, um aus diesem Gedankenkarussell auszusteigen und eine geerdete, anwesende und empathische Mutter zu sein. Es ist auch deshalb grundlegend sich mit dem Thema auseinanderzusetzen, weil wir sonst unsere unverarbeiteten Angelegenheiten ungefiltert an unsere Kinder weitergeben. Folglich ist eine Arbeit an sich selbst stets ein wertvoller Beitrag zur Änderung der Familie im Kleinen und der Gesellschaft im Großen. In erster Linie müssen wir auf uns selbst schauen. Wenn es uns gelingt, das eigene Verhalten, und das unserer Kinder, mit einem Augenzwinkern zu beobachten, verlieren viele Situation an Ernst. Im Nachhinein betrachtet, erweisen sich viele Konflikte als überflüssig.

Solange wir bereit sind, immer wieder uns und unser Verhalten zu korrigieren, solange wird sich unsere Beziehung zum Nachwuchs auch fortlaufend verändern, und unsere Vorbildfunktion erreicht eine neue Dimension.  Der Weg beginnt bei uns.

© Barbara Güpner-Planner, M.A.

 Kunsttherapie Wien, Beratung, Coaching